Die Geschichte des Pokerspiels: ein multikulturelles Crossover

Wo fängt die Geschichte des Pokerns an? Vor gut 1000 Jahren im Alten China, wo das Papier und die Spielkarten erfunden wurden? Noch früher, in der römischen Antike, aus der Schilderungen von Spielen stammen, in denen gewettet und geblufft wurde? Oder etwas später, mit dem persischen „Ganjifa„, einem der frühesten uns bekannten Kartenspiele mit Setzrunden und festgelegter Rangfolge der Karten?

Poque, Pochen und Primero

Zur Entstehung des Pokerspiels trugen viele Spiele und kulturelle Einflüsse bei. Als direkte Vorläufer sehen Historiker heute zwei Kartenspiele, die im 17. und im 18. Jahrhundert die Kartentische beherrschten: das deutsche „Pochen“ und das französische „Poque“, die neben diversen Gemeinsamkeiten auch ähnlich klingende Namen, haben die in der jeweiligen Sprache so viel wie „wetten“ oder „setzen“ bedeuten. Beide sind eng mit dem noch älteren italienischen „Primero“ verwandt, das als Mutter des modernen Pokerspiels gilt: Seine Spielregeln erlauben es, durch wagemutige Bluffs selbst mit schlechten Karten zu gewinnen.

Vom französischen Nationalspiel zum Mississippi Riverboat Poker

Emigranten aus Frankreich brachten Poque über den Atlantischen Ozean nach Neufrankreich, das spätere „Kanada“ erhalten sollte. Im Gepäck franco-kanadischer Siedler kam das Spiel ins neu gegründete New Orleans und verbreitete sich schnell flussaufwärts den Mississippi entlang. Auf den legendären Raddampfern, die den Strom als schwimmende Casinos hinauf und hinab fuhren, mauserte sich Poker, wie es bald genannt wurde, schnell zum Lieblingsspiel der Gambling-Szene.

Während dieses ersten Pokerbooms bildeten sich zwei Varianten heraus, die kaum noch an Poque erinnerten und für die nächsten 100 Jahre das Gesicht des Spiels prägen sollten:

1. Draw Poker, das den Austausch von Karten vorsieht und dem Spieler auch mit einer zeitweise suboptimalen Hand Gewinnchancen im Showdown eröffnet, und

2. Stud Poker, bei dem es 5 statt der sonst üblichen 4 Straßen (Kartenausgaben) und damit eine weitere Setzrunde gibt.

Poker kehrt nach Europa zurück

Um 1870 hatte sich das Spiel landaus, landein in Bars und Saloons durchgesetzt. Nur selten kam es zu den in Hollywood Movies unausgesetzt stattfindenden Schießereien wegen tatsächlichen oder angeblichen Falschspielens. Poker galt als akzeptables, wenn auch tunlichst den Männern vorbehaltenes Gesellschaftsspiel. Pikanterweise übernahm es eine für ihre Sittenstrenge bekannte Königin, den Alten Kontinent für das mittlerweile durch und durch amerikanische Spiel zu interessieren: Queen Victoria von England (1840 – 1901) interessierte sich für das Kartenspiel, das ihre Soldaten in Übersee so gerne zockten. Auf ihren Wunsch schrieb der US-Diplomat Jacob Schenck 1872 ein Regelwerk – und verfasste damit das erste ausschließlich dem Poker gewidmete Buch.

Poker wird salonfähig – und erobert die Welt

Etwa ab Mitte der 1920er begann der Imagewandel des Pokerns vom rauen Männerspiel mit brutalen Momenten zum vergnüglichen Zeitvertreib für beide Geschlechter, ja sogar für die ganze Familie. Mitte des 20. Jahrhunderts rangierte es laut Umfragen in den USA und Großbritannien bei Männern und Frauen gleichermaßen unter den beliebtesten Kartenspielen. Viele erfolgreiche PokerspielerInnen aus der Generation 30+ haben Stories parat, in denen ihnen Eltern und/oder Großeltern das eben erst gewährte Taschengeld beim Zocken vom am heimischen Küchentisch wieder abknöpften.

Las Vegas macht Poker zur festen Größe

Ein Pokerevent als regelmäßiges jährliches Turnier stattfinden zu lassen, geht auf eine Marketing-Idee zurück, die zunächst eher bescheidene Ergebnisse zeigte: Gerade mal sechs Spieler, darunter Pokerlegende Doyle Brunson fanden sich in Las Vegas ein und pokerten im Binion’s Horsehoe Casino um ein Preisgeld von $30.000. Heute werden im Rahmen der WSOP regelmäßig zwischen 60 und 70 Pokerturniere ausgetragen. Das Main Event der 45. World Series 2014 sah ein Feld von 6.683 Teilnehmern, die für einen Preispool von $62.820.200 sorgten. Als Gewinner des Mammutturniers kassierte der junge Schwede Martin Jacobson die garantierte Siegerprämie von $10.000.000.

Ein Film verändert die Pokerszene

Die Anfänge von Online Poker datieren zurück bis in die späten 1990er Jahre. Nach diversen Testangeboten im Fun Modus wurde am 1. Januar 1998 bei Planet Poker die erste Pokerhand um Echtgeld im Internet ausgespielt. Im selben Jahr kam „Rounders“ in die Kinos. Das spannende Zockerdrama mit Matt Damon, Edward Norton und John Malkovich präsentierte No Limit Texas Hold’em als hippes Spiel für smarte Köpfe. Poker wurde rund um den Globus salonfähig – der Boden für den Online Poker Boom war bereitet.

Der Geldmacher heißt wirklich so…

Als eigentliche Initialzündung jedoch gilt der Sieg von Christopher „Chris“ Bryan Moneymaker (sic) beim Main Event der World Series of Poker 2003. Der US-Amerikaner hatte sein $10.000 Ticket für das Turnier online gewonnen – in einem Satellite („Zubringer-Turnier“) für einem Eintrittspreis von gerade mal $86. Am Ende waren Moneymaker um $2.500.000 reicher – und der Siegeszug von Online Poker nicht mehr aufzuhalten.