Pokergewinne bald steuerpflichtig?

03.11.15: Cleverer Move zugunsten des Fiskus: In einem für Rechtslaien kaum nachvollziehbaren Move hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision der Partie „Eddie Scharf gegen das Finanzamt Köln-Mitte“ zugunsten des Fiskus entschieden. Fazit: Der Lufthansapilot muss Pokergewinne versteuern, die vornehmlich aus den Jahren 2001 bis 2004 stammen. Zu den Geldern, die Eduard „Eddy“ Scharf in diesem Zeitraum gewann, zählen unter anderem die Prämien für zwei Turniersiege und einen 15. Platz im Main Event der World Series of Poker. Damit rückt der BFH Pokergewinne potenziell in den Einzugsbereich der Gewerbesteuer.

Rechtssprechungspraxis infrage gestellt

Allerdings tun sich selbst Kenner der Materie mit einer Urteilsbegründung schwer, die die gesamte bisherige Rechtssprechung in Sachen Glücksspielgewinne zu ignorieren scheint: In seiner Entscheidung vom September postuliert der 10. Senat des BFH, „dass das Einkommenssteuergesetz (EStG) die Besteuerung weder in positiver noch in negativer Hinsicht an den Tatbestand des Glücksspiels knüpft“. Das Urteil wirft in den Augen von Rechtsexperten die Frage auf, ob es dem höchsten deutschen Finanzgericht nicht schlicht ums Kassieren gegangen ist. In vergleichbaren Fällen hatte sich nämlich stets die Auffassung durchgesetzt, dass es keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Finanzbehörden auf Einkünfte aus Glücksspiel gebe (mehr dazu in dem interessanten Artikel von Rechtsanwalt Dr. Robert Kazemi auf http://www.isa-guide.de/isa-law/articles/131463.html).

Absurdes Urteil durch Ausweichmanöver relativiert?

Inwieweit Erfolg beim Pokern von Glück beziehungsweise Können abhängt, ist ein Thema, mit dem sich die Rechtssprechung in Deutschland (und auch andernorts) schon lange herumplagt. Im Prozess, den Eddy Scharf 2012 gegen das Finanzamt Köln-Mitte geführte, entschied das zuständige Finanzgericht, der Kläger müsse seine Gewinne als gewerbliche Einnahmen versteuern: Pokern sei zwar im Allgemeinen als Glücksspiel zu betrachten, im Falle des zweifachen Braceletgewinners Scharf aber nicht: Die von Eddie Scharf gespielten Pokervarianten seien „nicht als reines Glücksspiel anzusehen“, vielmehr trete „schon bei einem durchschnittlichen Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement“ zurück.

Glücksspiel als Gewerbe?

Dass das Gericht Profit durchs Pokern hier eindeutig nach zweierlei Maß beurteile, war eines der Hauptargumente im Revisionsverfahren. Mit einer Klärung der alten Streitfrage „Glück oder Können“ mochte sich der BFH nicht abmühen und verlegte die Entscheidung auf ein anderes juristisches Feld: auf das Merkmal der „Gewinnerzielungsabsicht“. Ob künftig für Gewinne am Pokertisch oder aus weit mehr vom Glück beherrschten Casino Games wie Blackjack, Roulette, Spielautomaten oder den Sportwettenbereich Steuern anfallen, ist jedoch mehr als fraglich. Wenn Poker- und Casinogewinne generell der Gewerbe- und der Einkommenssteuer unterliegen, brächte das natürlich die gesamte Glücksspielgesetzgebung in Deutschland auf den Prüfstand. Zunächst steht allerdings die Prüfung von Eddie Scharfs Antrag auf eine erneute Revision vor einem anderen Senat des BFH an.