Taschenspieler und Trickbetrüger beim Roulette
Einer der meistzitierten Merksätze der Gambling Theorie besagt, dass es nur einen Weg gebe, beim Roulette zu gewinnen, nämlich den “ in einem unbeobachteten Moment Chips vom Tisch zu klauen“. Gesagt haben soll das Albert Einstein. Und wie es aussieht, hatte er recht: Zu den Tricks, mit denen Falschspieler versuchen, den Hausvorteil am Roulettetisch zu unterlaufen, fallen einem definitiv nicht die facettenreichen, fein ziselierten Gaunereien von Paul Newman und Robert Redford in „Der Clou“ ein.
Die meisten Cheats klingen vom Konzept her so blöd, dass man es gar nicht glauben möchte. Aber vielleicht entschlüpften sie ja gerade deshalb den Argusaugen der Casinoaufsicht? Eine Ausnahme haben wir allerdings entdeckt – und die klingt wieder so abgefahren, dass sie direkt aus dem Holodeck der USS Enterprise in unser Jahrhundert entwischt zu sein scheint.
Trügerisch einfache Tricks mit Chips
1. Chipwechsel nach Richard Marcus
„World’s #1 Casino and Poker Cheating Expert“ nennt sich Richard Marcus ganz bescheiden im Header seines Blogs „The Underworld of Casino Gambling“. Der „Falschspieler im Ruhestand“ (O’ton Marcus) war clever genug, seine riskante Beschäftigung aufzugeben, als er genügend Geld ergaunert hatte. Heute verfasst er Ratgeber zu Themen wie“Tricks und Schwindeleien, die das Gesetz so gut wie überhaupt nicht greifen kann“.
Marcus‘ berühmtester Cheat am Roulettetisch ließ schon unzählige Nachahmer scheitern, erfordert er doch die ganze Routine eines Taschenspielers: Der Trickster taucht scheinbar betrunken, wild gestikulierend und überaus gesprächig am Roulettetisch auf. Mit Mühe und Not schafft er es, zwei oder drei schief übereinander liegende 5-Dollar-Chips aufs Tableau zu schieben. Der unterste Chip hat eine andere Farbe und ist 100 oder mehr Dollar wert, was man aber wegen der Schräglage der oberen Chips von vorne nicht sieht.
Im Verlustfall kommt Fingerfertigkeit ins Spiel
Bei einem Gewinn läuft alles ganz regulär, der Croupier entdeckt den wertvollen Chip zwischen den anderen und zahlt den entsprechenden Gewinn aus. Geht die Runde jedoch negativ aus, grapscht der vermeintliche Trunkenbold nach „seinen“ Chips und tut so, als wolle er damit das Weite suchen. Ein kleines Tohuwabohu entsteht, in dessen Verlauf der Trickbetrüger den unteren Chip heimlich gegen einen mit demselben Wert wie die oberen austauscht.
Natürlich fällt es auf, wenn jemand diese Masche mehrmals hintereinander abzieht. Zum Arsenal des erfolgreichen Falschspielers gehören schon einige Tricks mehr. Nicht zuletzt dank der Veröffentlichung ehemaliger Falschspieler wie Richard Marcus weiß das Aufsichtspersonal genau, welches Verhalten besonders sorgfältig im Auge zu behalten ist.
2. Chipwechsel von Tisch zu Tisch
Der New Yorker Falschspielerring, der 2012 die Roulettetische von Ohio heimsuchte, hatte sich ebenfalls dem Prinzip verschrieben, aus Kleinvieh gehörig viel Mist zu machen. Zwischen 50 und 70 Mitglieder der Bande erleichterten die Casinos jeden Abend um bis zu 2.000 Dollar pro Person, bis die Ohio Casino Control Commission signifikante Fahndungserfolge verzeichnen konnte. Allerdings weiß niemand so recht, ob die Gang nicht in Wirklichkeit viel größer war oder ist und unerkannte Mitglieder womöglich weiterhin ihr Unwesen treiben…
Dabei ist die Masche der Bande so schrecklich simpel: In vielen Casinos erhält jeder Spieler an einem Roulettetisch Jetons in einer eindeutig identifizierbaren Farbe, deren Wert jeweils neu festgelegt wird. Zwei Trickster kamen scheinbar unabhängig voneinander an den Tisch, kauften Chips und setzten Kleinstbeträge, manchmal nur einen Dollar. Einer von ihnen lenkte den Croupier ab, während der zweite heimlich Chips bunkerte. Er brachte sie an einen anderen Tisch, wo ein weiterer Komplize mit Chips derselben Farbe spielte, diesen aber einen höheren Wert zugewiesen hatte. Der cashte sie später gewinnbringend aus.
3. Past Posting
Eine der beliebtesten Methoden, das Casino zu linken, stellt das sogenannte Past Posting (nachträgliches Setzen) dar. Dabei platziert der Trickbetrüger in einem unbeobachteten Moment Chips aufs Tableau, wenn das Ergebnis bereits feststeht. Natürlich erfordert das sehr viel Gewandtheit, zumal die Casinos mittlerweile alle Spieltische per Video überwachen. Trotzdem gehört es immer noch zum Handwerkszeug eines jeden traditionell operierenden Falschspielers.
4. Kesselgucken mit Laser Scanner
2014 ist ein Jahr, an das sich die Geschäftsführung des Ritz Casinos in London sicher noch lange erinnern wird. Ein dreiköpfiges Team ergatterte 1,3 Millionen englische Pfund mithilfe von Lasertechnologie. Der Clou: Die Trickster wurden zwar erwischt, durften das Geld aber behalten.
Zwar agierte die Gruppe allem Anschein nach mit technischen Hilfsmitteln, bis heute weiß man jedoch nicht genau, wie der Trick funktionierte. Experten vermuten, dass jeder der Männer dank eines Laser Scanners in seinem Smartphones imstande gewesen sei, den Sektor in einem Roulettekessel zu bestimmen, in dem eine im Lauf befindliche Kugel landen würde. So konnten sie den entsprechenden Bereich mit Einsätzen abdecken (Kesselspiel), bevor der Croupier „Rien ne va plus!“ verkündete.
Das Überwachungspersonal, dem solche Fertigkeit im Kesselgucken spanisch vorkam, ließ das Trio verhaften. Allerdings wurden die Drei kurz darauf wieder freigelassen, denn ähnlich wie Kartenzählen beim Blackjack ist Sector Targeting (englisch für Kesselgucken) am Roulettetisch keine Straftat, sondern allenfalls Grund für ein Hausverbot. Und selbst das hätten vermutlich weder Lieutenant Commander Data noch sein Kollege Geordi La Forge (der Mann mit dem Visor) verstanden.