Reale und eingebildete Manipulationen am Roulettetisch

Seit es Roulettetische gibt, gibt es auch Versuche, das Spiel im eigenen Sinne zu beeinflussen. Und natürlich auch Verschwörungstheorien: Wer in einer aus seinem Blickwinkel unverhältnismäßig langen Pechsträhne schmort, neigt vielleicht schon mal dazu, Betrug zu argwöhnen – vor allem, wenn er mitansehen muss, wie anderen Zockern unwahrscheinlich viel Glück haben.

Betrügerische Croupiers

Fliegen Mogeleien am Roulettetisch auf, in die ein Croupier verwickelt ist, geht es dabei fast immer um den Einsatz technischer Hilfsmittel, die den Lauf der Kugel und/oder die Rotation des Kessels beeinflussen sollten. Einige der dreistesten Betrügereien dieses Stils stellen wir hier vor. Zunächst aber eine Variante der Kugelmanipulation, die klar ins Reich der Fantasie gehört, aber dennoch immer wieder durch die Casinos geistert: Beim zielgenauen Kugelwurf (Section Shooting) können Croupiers angeblich bestimmte Gewinnzahlen oder zumindest Sektoren „aus der Hand“ anpeilen.

Das Märchen vom Section Shooting und die Realität des Rouletterads

Es soll Croupiers geben, die die Kugel einigermaßen genau steuern können, wenn der Kessel sich insgesamt nur ein oder zweimal um die eigene Achse dreht. Das jedoch widerspräche den Bestimmungen der Glücksspielbehörden überall auf der Welt. Tempo und Dauer eines Coups sind nämlich gesetzlich festgelegt:

Bei einem vorschriftsmäßig ausgeführten Wurf muss Kugel mindestens 15 Runden im oberen Rand des Kessels laufen. Der soll sich unterdessen 6mal um die eigene Achse drehen, benötigt also im Schnitt 2,5 Sekunden für eine volle Rotation. Das Rad mit den Zahlenfächern bewegt sich nicht. Für eine gezielte Sektorenansteuerung müsste die Kugel zudem einer vorhersagbaren Bahn die Kesselwand hinab in Richtung Zahlenfächer folgen. Die Deflektoren (rautenförmige Hindernisse) in der Wand des Roulettekessels lenken ihren Lauf jedoch schon bei nur minimal verändertem Aufprallwinkel ab.

Um eine gewünschte Zahl oder auch nur einen bestimmten Sektor zu erwischen, müsste der Croupier also

a) den Kessel so andrehen, dass er in einer auf die Zehntelsekunden genau berechneten Geschwindigkeit rotiert,
b) beim Kugelwurf den Winkel, das Tempo und die Aufschlagstelle an der präzise kontrollieren, und außerdem
c) kontrollieren können, wie die Kugel auf die Deflektoren und schließlich auf das Rad trifft.

Es ist schlicht unmöglich, jedes Detail auf die erforderliche Weise im Griff zu haben. Schon wenn der Kessel nur um Bruchteile von Sekunden schneller oder langsamer rotiert, ändern sich die Bahn der Kugel und die Streuwirkung der Deflektoren.

Wem die Gier den Blick trübt…

Auf blackjackforumonline.com erzählt Darwin Ortiz, Spezialist für die Aufdeckung von Betrugsversuchen am Spieltisch, wie sich ein Croupier den Mythos vom Section Shooting clever zunutze machte: Er nahm Highroller unauffällig einzeln beiseite und bot an, die Kugel in unregelmäßigen Abständen immer wieder in einen bestimmten Bereich auf dem Rouletterad zu befördern – gegen eine saftige Gewinnbeteiligung, versteht sich. Natürlich „verkaufte“ er jedem einen anderen Sektor …

Null-Spin-Runden in Blackpool

Wie genau die beiden Croupiers im Blackpooler Coral Island Casino es hinkriegten, dass der Trick mit den so häufig zweimal hintereinander fallenden Zahlen niemandem auffiel, darüber schweigt die Geschäftsführung sich wohlweislich aus. Im Jahr 2014 arbeiteten die beiden oft gemeinsam in einer Schicht, während der es an den Spieltischen recht ruhig zuging. Vielleicht lag es an der berauschenden Wirkung der frischen Seeluft in der Küstenstadt, vielleicht war es anfangs bloß ein Jux – auf jeden Fall entdeckten sie, dass die Position des Rouletterads sich unauffällig so fixieren ließ, dass die Kugel einfach liegen blieb, wo sie war, während der Kessel sich drehte.

Ein Komplize wurde als Zocker eingeschleust. Er setzte zunächst Beträge von 25 GBP. Auf ein vereinbartes Zeichen des Croupiers hin erhöhte er seinen Einsatz auf 100 GBP und kassierte prompt gehörig ab. Dass er innerhalb von zwei Monaten unverhältnismäßig oft und viel gewann, blieb nicht unbemerkt. Der Manager des Casinos schaute sich die Aufzeichnungen aus den Überwachungskameras genauer an – und siehe da: Immer wenn sich einer der Croupiers am Kopf kratzte, setzte der verdächtige Kunde einen deutlich größeren Betrag als vorher und gewann. Das Trio wurde verhaftet. Weil alle den Betrug sofort zugaben, gab es für die Croupiers kurze Gefängnisstrafen und für ihren Komplizen eine Bewährungsstrafe mit der Auflage, 200 Stunden im Sozialdienst abzuleisten.

Past Posting in Neuseeland

Entbehrte schon der Betrug im Casino von Blackpool der Raffinesse, die den „Französischen Zigarettenschachtel-Trick“ auszeichnete, so wird es nun schlicht und einfach platt: Im SkyCity Casino in Hamilton, New Zealand tat sich ein Rapid Roulette Croupier mit einem Pärchen zu einem der simpelsten Drehs zusammen, den vermutlich schon jedes Casino auf dieser Erde gesehen hat – auch wenn nicht immer der Dealer daran beteiligt ist: Beim Past Posting setzt der Spieler „anschließend“ – das heißt, erst dann, wenn das Ergebnis schon feststeht.

Erfahrene Kartendealer beziehungsweise Roulette Croupiers haben ein gutes Auge für solche Cheatversuche und klopfen dem Betreffenden auf die Finger. Eigentlich ist Rapid Roulette in dieser Hinsicht sicher: Hier dreht sich zwar ein echter Roulettekessel, die Einsätze allerdings werden mithilfe eines elektronischen Eingabegeräts getätigt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt sind keine Wetten und damit auch kein Past-Posting mehr möglich. Zumindest theoretisch, denn die drei Möchtegern-Gauner hatten einen Weg gefunden, dieses Hindernis zu umgehen: Der Croupier warf den Ball einfach etwas früher in den Kessel, so dass das Ergebnis schon feststand, während noch Wetten platziert werden konnten. Klingt clever, flog aber alsbald auf und bescherte den Beteiligten Hausarrest und saftige Bußgelder.