Bingo – das wahrscheinlich älteste Zahlenlotto der Welt
Wann zum ersten Mal ein glücklicher Zocker „Bingo!“ rief, wissen wir nicht (vielleicht war es ja auch eine glückliche Hausfrau und Mutter, wie ein amerikanisches Märchen behauptet). Wenig überraschen dürfte allerdings, dass sich die Ursprünge von Lotto mit Zahlenkarten mindestens bis ins Italien des 15. Jahrhundert und von dort aus natürlich ins alte Rom zurückverfolgen lässt.
Ein frühes mexikanisches Bingo
Der englische Archäologe John Stephen reiste zwischen 1835 und 1840 durch Südamerika und berichtete von dem in Mexiko populären Zahlenlotto“La Lotteria“, bei dem der Spielleiter nummerierte Kugeln aus einem Säckchen zog und die betreffenden Zahlen einzeln vorlas. Jeder Teilnehmer hatte ein großes Blatt mit einer Tabelle vor sich liegen, deren fünf Spalten die Zahlen von 1 bis 90 in willkürlicher, jeweils unterschiedliche Reihenfolge zeigte. Eine ausgerufene Zahl wurde mit einem kleinen Steinchen oder Korn markiert. Es gewann der Spieler, der zuerst eine Spalte komplett ausgefüllt hatte.
Bingo in Armee und Kinderzimmer
Diese Episode aus Stephens Reisebericht ist natürlich lediglich die erste komplette Beschreibung eines bingo-ähnlichen Spiels. Varianten wie „Le Lotto“, „Housey-Housey“ oder „Tombola“ kursierten von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an in Frankreich und England. Etwa 100 Jahre später erhielten Lottospiele dieses Stils sogar die pädagogische Weihe: Lehrer und Eltern nutzten vorgefertigte Karten und nach dem Zufallsprinzip gezogene Zahlen beziehungsweise Buchstaben für vergnügliche Rechen- und Buchstabierwettbewerbe.
Zahlenspiel mit Bohnen
Auf dem europäischen Kontinent grassierte das Bingo-Fieber vor allem während der „Wilden Zwanziger“. Allerdings wurde es hier als „Beano“ gespielt. Dieser Name leitete sich von „beans“ her, dem englischen Wort für „Bohnen“, da die Spieler die Zahlen auf ihren Karten mit getrockneten Hülsenfrüchten kennzeichneten. Eine Prämie erhielt derjenige Glückspilz, der es schaffte, eine horizontale, vertikale oder diagonale Reihe zu komplettieren, und diesen Erfolg mit dem Ausruf „Beano!“ kundtat.
Ein Versprecher und Black Friday
Ende der 20er Jahre kam der New Yorker Handlungsreisende Edwin S. Lowe auf die Idee, das Beano-Spiel unter der heute bekannten Bezeichnung zu vermarkten – angeblich hatte eine Gewinnerin versehentlich „Bingo!“ gerufen, was Lowe netter fand als das traditionelle „Beano!“. In den USA zunächst eine „harmlose“ Nachmittags- oder Abendunterhaltung für kirchliche Gemeindetreffen oder in Altersheimen. Das änderte sich mit den großen Börsencrash von 1929, als immer mehr Leute auf die Idee verfielen, ihr infolge des Schwarzen Freitags verlorene Geld nach Möglichkeit beim Glücksspiel wiederzugewinnen.